Glaube

Was sind die wirklich wichtigen Dinge?

26. Februar 2020

Saufen, Partys, Spaß haben, gutes Essen – einfach jeden Tag genießen. Das ist es, was für viele Menschen das Leben so lebenswert macht. Das tun, worauf ich gerade Bock habe, das konsumieren, was mir gut tut. Was denn auch sonst? Für alles andere ist das Leben doch viel zu schade bzw. viel zu kurz. So war das für mich persönlich auch seit dem ersten Tag in meiner Jugend, als mir der Alkohol zum ersten Mal die Sinne so richtig vernebelte. Lasst uns den Tag genießen, Carpe Diem! Bis heute hat sich zugegebenermaßen an der Lust zu feiern und sich zu berauschen nicht sonderlich viel geändert, aber etwas entscheidendes hat sich doch um 180 Grad gedreht. Nämlich die Erkenntnis, was das Leben wirklich lebenswert macht.

Heute ist Aschermittwoch, der Tag an dem die Fastenzeit beginnt. 40 Tage enthaltsam leben zwischen Fasching und Ostern. Was als Jugendlicher noch unvorstellbar war, ist für mich heute zu einer der wichtigsten Zeiten im Jahr geworden. Als ich noch grün hinter den Ohren war, war es für mich nicht so recht verständlich, wieso man eigentlich auf etwas verzichten sollte, was gut schmeckt und Spaß macht. Fleisch und Alkohol beispielsweise, beides gehört zu den Fasten-Klassikern im Christentum, aber genauso zu einem guten Essen. Was habe ich denn davon, wenn ich verzichte? Außer Stress, schlechte Laune und stinklangweiligen Partys? Wenn ich meiner Mutter damals am Essenstisch gegenüber saß und sie beobachtete, wie sie in manchen Jahren 6 Wochen lang fast nur Brühe zu sich nahm, war ich immer heilfroh, dass sie es mir und dem Rest der Familie frei stellte zu fasten.

Abhängen, feiern, gute Musik, wer mag das nicht?

Fasten heißt verzichten und nicht Diät machen

Heute bin ich ihr sehr dankbar dafür, dass sie mir den Sinn des Verzichtens nahe gebracht hat, frei von jeglichem Zwang. Denn Fasten bedeutet nicht sich selbst zu quälen, eine Diät zu machen oder so etwas in der Art, sondern Fasten bedeutet Verzichten auf das, was ansonsten wie selbstverständlich zu meinem Alltag dazu gehört. Wenn ich faste, dann verzichte ich ganz bewusst auf die Dinge, an die ich den Rest des Jahres meinen Alltag hänge oder zumindest meine Woche. Das leckere Steak am Mittag, die Zigarette in der Pause, den Kuchen oder die Süßigkeiten zwischendurch, den Wein oder das Bier nach Feierabend, die Tüte zum Feiern oder den Fernseher oder das Tablet zum abschalten. All diese Dinge gehören nach einer Weile ganz fest zu unserem Leben dazu und sind nicht mehr wegzudenken. Wir brauchen sie, da wir uns an sie gewöhnt haben. Und genau diese Gewohnheit will die Fastenzeit ganz bewusst durchbrechen. Nicht deswegen, damit es uns schlecht geht, sondern weil wir durch den Verzicht auf Gewohntes etwas ganz besonderes gewinnen können, was ohne das Verzichten nicht möglich wäre. Oder nur ganz schwer.

Das, was wir durch das Fasten gewinnen können, ist eine ganz neue Lebensqualität. Natürlich bringt der Verzicht auf ungesundes Essen und Trinken einige gesundheitliche Vorteile mit sich, das ist klar. Darum geht es mir aber in erster Linie nicht. Was beim Verzichten viel mehr ins Gewicht fällt, das ist, dass wir die schönen Seiten des Lebens wieder entdecken und erleben können. Wenn mir alles wie festgefahren scheint. Wenn ich nur noch wenig Sinn darin sehe, jeden Tag zur Arbeit zu rennen, damit ich Wochenende habe und mir Urlaub, Freizeit und Partys leisten kann. Dann kann es unheimlich helfen, die Dinge wegzulassen, die ich mir tagtäglich reinziehe, damit der Alltag erträglich ist. Dann kann ich wieder mehr Sinn erfahren, wenn ich mich bewusst mit meinem Konsumverhalten und meiner eigenen Lebensweise beschäftige. Und was das angeht, habe ich jedes Mal gewonnen, wenn ich 6 Wochen lang bewusst auf etwas verzichtet habe. Ich bin innerlich zur Ruhe gekommen, habe zu mir selbst gefunden, gewisse Stärken wieder neu entdeckt und auch den Blick wieder auf die Dinge und Personen neu gerichtet, die mir wirklich am Herz liegen.

Beim Fasten bin zunächst ich ganz alleine gefragt.

Fasten heißt erst einmal ehrlich zu mir selber sein

Das Ganze hört sich nun recht plausibel und einfach an, ist es zugegebenermaßen aber nicht. Denn ich musste für mich persönlich erst einmal lernen die 40 Tage durchzuhalten und nicht immer wieder neue Ausreden zu finden, warum es auch mal ok ist, das Verzichten zu durchbrechen oder vorzeitig abzubrechen. Hand aufs Herz, ganz streng fasten klappt nicht immer, aber immer tut es gut. Wir müssen ja nicht päpstlicher sein als der Papst. Was ich aber immer als schwierigeres Thema erlebt habe, als das Durchhalten, waren die Eingeständnisse, die ich mir im Vorfeld machen musste. Denn um auf etwas verzichten zu können, auf was ich sonst nicht verzichten kann, heißt zu allererst, dass ich ehrlich zu mir selber bin. Wie gehe ich mit mir selber und meiner Gesundheit um? Was tue ich mir gutes und was tue ich mir schlechtes an? Ich bin derjenige, der mich am besten kennt, aber daher leider auch am besten verarschen kann. Wenn ich einmal ganz ehrlich zu mir bin: was sind die Dinge, die ich liebe und manchmal aber auch gerne lassen würde, es aber nicht recht schaffe? Von Gott her gesehen nennen wir diese Dinge Versuchungen, denn sie haben die Fähigkeit, uns zunächst unheimlich gut zu zun und bei falschem Gebrauch das Leben sehr schwer zu machen. Das ist der Alkohol, der Zucker, das Rauchen und Kiffen, ungesundes Essen, Spielautomaten und Spielkonsolen, um wenige Besispiele zu nennen, von denen ich aber persönlich etwas erzählen kann.

Das „ehrlich zu mir selber sein“ war und ist auch heute noch immer die größte Herausforderung beim Fasten. Sofern es denn klappt ist es aber ein riesen Gewinn und der Grund für die Erkenntnis, was das Leben wirklich lebenswert macht: nämlich Spaß im Leben zu haben und dabei niemals zu vergessen, was meiner Seele gut tut und mir wirklich Lust am Leben macht. Es sind meine Talente und Fähigkeiten, meine Schätze im Himmel, meine Menschen auf Erden und die Liebe, die alles verbindet.

Es geht nicht darum, allen Versuchungen immerzu stand zu halten, sondern vielmehr darum meine eigene Mitte zu finden, die mir jederzeit das Gefühl gibt, die Entscheidung darüber, ob ich nun konsumiere oder nicht, frei und aus eigenen Stücken zu treffen. Und wenn ich es dann noch geschafft habe, ganze 40 Tage auf das zu verzichten, was ich immer denke, dass ich es bräuchte, war ich im Nachhinein – an Ostern schließlich – ein neuer Mensch. Wie neu geboren. Denn ich habe es wieder gelernt, auf die wirklich wichtigen und schönen Dinge im Leben zu schauen und erlebt, dass ich frei bin. Und, dass ich es bin, der Entscheidungen trifft und sein Leben selbst in der Hand hat. Das ist es, was mein Leben lebenswert macht.

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